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Gedenkveranstaltungen in Waren

30 Jahre nach der Wende - Erinnern und Feiern

30.08.2019 | Hier fand 1989 die erste freie Demonstration im Norden statt!

30 Jahre Wende - Veranstaltungen am 16. Oktober

Waren ist Erinnerungsort, denn in Waren hat 1989 die erste norddeutsche Demonstration für Reformen in der DDR stattgefunden. Darum wird die offizielle Feier des Landes MV auch in Waren begangen:

  • - ab 16 Uhr buntes Programm auf dem Neuen Markt
  • - 17 Uhr Gottesdienst in der St. Georgenkirche
  • - Kerzenzug zum Neuen Markt
  • - Festprogramm des Landtags in der Marienkirche
  • - Feier auf dem Neuen Markt

Alle Veranstaltungen sind öffentlich und jede/r ist herzlich willkommen!

Erinnern und Zurückblicken

Vor 30 Jahren – ausgerechnet in dem Jahr des 40jährigen Bestehens der DDR, kehrten Menschen ihr scharenweise den Rücken. Es ging dabei nicht nur um Bananen und freies Reisen, sondern um ein anderes Leben: ohne Stasi, ohne SED, ohne Zuführungen, ohne Jungpioniere und FDJ-Studienjahr, ohne Zivilverteidigung in der Schule, ohne verfallene Innenstädte und ohne Mauer. „Wir wollen weg!“, war ihre Botschaft. Die älteren werden sich an Fernsehaufnahmen von der besetzten Botschaft in Prag erinnern und an die Sonderzüge, mit denen diese Menschen in den Westen gebracht wurden.

Neben denen, die gingen, gab es die, die im Land selber etwas verändern wollten und plötzlich Mut bekamen. Das war ein bisschen, wie ich mir Pfingsten in Jerusalem immer vorgestellt habe. „Wir bleiben hier“ riefen sie auf den Demonstrationen, erst in Leipzig, dann an vielen anderen Orten im Osten. „Wir sind das Volk“ war eine Anspielung auf die angebliche Herrschaft des Volkes in der DDR. Der Ruf „Wir sind ein Volk!“, kam erst später.

 Auch in den Bezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg sind damals Menschen auf die Straße gegangen. Sie hätten auch fragen können: Was soll das nützen? Sind wir nicht viel zu klein und unbedeutend? Hier im Norden war Waren die erste Stadt, in der Menschen auf der Straße gegen die DDR-Regierung protestiert haben. Das war am 16. Oktober 1989 und sie zogen mit ihren Kerzen von der Georgen- zur Marienkirche. Einen Monat später gab es die Mauer nur noch für die Mauerspechte.

 Friedliche Revolution – das klingt so harmlos. Aber harmlos ist es nicht gewesen. Wir hatten Gebete, wir hatten Kerzen, wir hatten Angst. Wir hatten vor Augen, was im sozialistischen China vorging, wo im Juni 89 auf dem Platz des Himmlischen Friedens die Studenten-Proteste von Panzern überrollt wurden. Würde bei uns dasselbe passieren? Würde es Tote geben? War das möglich? So haben wir damals bange gefragt.

Trotzdem ist die Protestbewegung in der DDR immer weiter gewachsen, haben sich Bürgerinitiativen wie Neues Forum und Demokratischer Aufbruch gegründet, entstanden Runde Tische und Turnhallenforen. Es war eine tolle Zeit. Wir sind Zeugen eines Wunders geworden.

 

Aber vieles macht auch nachdenklich: Als der Westen in Form von Konsum bei uns einzog, waren Neues Forum und Runde Tische schnell vergessen. Es gab nicht nur Gewinner der Wende und die Parolen von damals werden heute von ganz anderen Gruppierungen missbraucht.

Trotzdem ist es nicht müßig daran zu erinnern, wie viel der kleine Mann und die kleine Frau bewirken können. Etwas für eine bessere Zukunft zu tun, ist immer besser als zu Hause auf dem Sofa liegen zu bleiben. Es ist falsch, sich einzureden, dass es keinen Zweck hat. Es ist nicht so, dass wir nichts verändern können. Das wissen wir besser. Wir haben es nämlich erlebt.

Aus der Chronik der St. Georgen-Gemeinde:

„Am 10. Oktober 1989 beschloss der Kirchgemeinderat der Georgengemeinde, vom folgenden Montag an um 19 Uhr in der Georgenkirche Fürbittandachten zu halten… Die Bekanntmachung der Fürbittandachten geschah durch kleine Aushänge „Eine Hoffnung lernt laufen“…

Gleich die erste Andacht erbrachte eine gefüllte Kirche. In der zweiten Andacht war die Georgenkirche so voll, dass sich die Leute beim 2. Teil nur mit Mühe in die Marienkirche quetschen konnten.

Die dritte Andacht brachte dann Tausende von Warenern auf die Beine, sodass nur ein Bruchteil in die Georgenkirche hineinpasste, ein Hineinkommen in die kleinere Marienkirche war nicht mehr möglich.

Etwa 6000 Menschen versammelten sich auf dem Markt. An den Fenstern des Rathauses lugten Staatsfunktionäre hinaus. In den Seitenstraßen standen Rollkommandos aus Neustrelitz vom Staatsicherheitsdienst.

In der Dethloffschulen-Turnhalle war für alle Eventualitäten die Unterbringung der zu verhaftenden Rädelsführer der Fürbittandacht geplant…

Auf dem Marktplatz an jenem Montag stieg der Liturg des Abends auf die Stufen eines Geschäftes … und sprach zu den Massen und beschloss den Fürbittabend mit dem Friedensgebet des Franziskus von Assisi und dem Vaterunsergebet und dem Segen. Das gemeinsam gesprochene Vaterunser… der Tausende an diesem Abend auf dem Warener Marktplatz wird allen, die dabei waren, unvergessen bleiben.“

(Pastor Hans-Henning Harder, damals Pastor in der Gemeinde)